Kannonsama, die Göttin des Mitgefühls.

Ein weiblicher Buddha sozusagen. Sie kam, als Asakusa noch ein wirkliches Dorf war, dem der Schlamm des Sumida-Flusses ordentlich zusetzte, feucht und sumpfig und voller Bürger, denen das Wasser auch ohne Überschwemmungen manchmal bis zum Hals stand. Doch eines Tages, im Jahre 628, kam just aus dem Sumida der Segen: In den Netzen der beiden Fischerbrüder Hamanari und Takenari verfing sich eine Mini-Statue, gülden glänzend. Der Dorfälteste Haji no Nagatomo erkannte in ihr sogleich die Kannon und machte sein Haus zu ihrem Tempel.

In den folgenden Jahrhunderten

strömten immer mehr Leute zum Beten nach Asakusa, die Pilger rückten an, die Mächtigen des Landes – und das Vergnügen, vor allem während der Edo-Zeit zwischen 1603 und 1868. Herrliche Düfte von brutzelnden Leckereien und süssen Kuchen vermischten sich mit dem Geruch der Räucherstäbchen, die Glockenschläge aus dem Tempel mit der Musik auf den Strassen. Jesus warf die Händler einst aus dem Tempel – in Asakusa wurden sie willkommen geheissen.

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Die Götter, fand man in Japan stets, wollen unterhalten sein,

das stimmt sie gewogen. Theater, Farben, Licht und Lachen, als Götterschmaus ein gutes Essen – was soll da noch schiefgehen? Das Vergnügen tanzte den Veitstanz in Asakusa. 
Aus der Stadtmitte Edos, wie Tokyo früher hiess, verbannten die Shôgune im 19. Jahrhundert die Kabuki-Theater nach Asakusa, auf den Bühnen gab es die verwegensten Stücke zu sehen, das Denkikan, Japans erstes Kino, zog 1903 in den Bezirk, noch bevor Amerika und England ein Lichtspielhaus kannten.

Durch den 1853 eröffneten Hanayashiki-Blumengarten

flanierten schäkernd die Pärchen, bevor der Welt neueste Karussells sich dort breitmachten; in den Misemono-Buden stellten sich die Kleinwüchsigen und Entstellten zur Schau und die Händler boten entzückende Kimonostoffe und Bänder und Kämme feil. 
Katzen- und Mädchenfänger, Vergnügungsboote auf dem Sumida, Spieler und Spelunken; ein einziges Irrenhaus sei Asakusa, notierte der Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger Yasunari Kawabata über die 1920er Jahre in seinem Buch Die rote Bande von Asakusa.
Text + Bilder: © "DU - das Kulturmagazin", www.du-magazin.com

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