Touristen glauben, sie seien in einem Fest

Ein alter Mann zieht seine Habe auf einem Handwagen über die Strasse. «Früher musste man im Hanayashiki keinen Eintritt zahlen», erzählt der Ticketverkäufer. «Aber dann bauten die Obdachlosen dort abends immer ihre Betten. Jetzt nimmt der Park Eintritt und schliesst abends zu. Dort drohten jedoch die Lichter zu verlöschen, als die Achterbahnbetreiberfirma «Togo Japan» 2004 Konkurs anmeldete. Die Leute von Asakusa rotteten sich schon zu einer Spendenaktion zusammen, als die Firma Banpresto, Hersteller unter anderem von Tandgewinnen für Pachinkohöllen, den Vergnügungspark übernahm.

«Mein Vater sagte immer:

Keiner kann den Leuten den Spass nehmen», erzählt die 83jährige Hatsue Takei, die sich bis vor wenigen Jahren vor Ort als Kuratorin um den Vergnügungspark kümmerte. Inzwischen lebt sie mehr im Krankenhaus als daheim. Nach dem Krieg, erinnert sich Hatsue, wollten Yakuza den Park übernehmen, «mit einem japanischen Schwert haben sie meinen Vater am Verhandlungstisch bedroht, aber der sagte nur: Tötet mich nur!» Am Ende trollten sich die Jungs, beteuert sie stolz.

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«Manche Touristen denken, sie seien in ein Fest geraten»,

erzählt Yoshie, der die Fremden mit seiner Rikscha durch die Strassen kutschiert. «Da müssten sie mal sehen, wie wir wirklich feiern!» Rund fünfundsechzig Feste im Jahr verzeichnet der Stadtteilkalender, darunter das aufgeregte Samba-Fest im August. Und Sanja Matsuri, Asakusas grösstes Spektakel an gleich mehreren Tagen im Mai. Rund eine Million Neugierige schieben sich dann durch die Gassen. Elegante Geishas, vornehme Kaufleute, anpackende Handwerker, Touristen. Und Yakuza, die Männer vom Yamaguchi-Gume-Clan zum Beispiel. Am Sanja Matsuri erzählen ihre sonst eher in weissen Anzügen gewandeten Oberkörper ganze Geschichten – Tätowierungen, die zu enthüllen in Japan verboten ist.

Nur an Sanja Matsuri macht die Obrigkeit eine Ausnahme

– wenn die starken Männer auf ihren Schultern die Omikoshi, kleine, goldglänzende Schreine, durch die Strassen wuchten. Sänften für die Götter, die verstehen, dass die Welt ein Oben und Unten hat. Ober- und Unterstadt. Ober- und Unterwelt.
Text + Bilder: © "DU - das Kulturmagazin", www.du-magazin.com

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