Fast schon Abendstimmung in der Nakamise

Die Farben leuchten ein bisschen bunter jetzt, Schulmädchen probieren kichernd Gummimasken mit Politikergesichtern an, Kinder belagern einen Stand mit Reiscrackern. Die alte Hure Asakusa lacht noch einmal auf. Schaut mich an, ruft sie heiser, ich habe alles, was ihr wollt, alles, alles, alles. Sie dreht sich und tanzt und schwankt ein wenig, der Schund lärmt und der Kitsch schreit.

Die Rollläden rattern herunter.

Dunkelheit trübt die Farben ein. Norie greift nach ihrer Shamisen, Mano brüht sich selbst einen letzten Kaffee, bei den Ondos sitzen sie derweil vor einem dampfenden Topf mit weissem Reis und vor eingelegtem Gemüse, Tofu und Saba, Makrele. Am Rox und zwischen den Pachinkohallen klauben ein paar Obdachlose ihre Pappkartons zusammen, mit denen sie sich später in den Arkaden eine geschützte Bettstatt bauen werden.

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Die Kannon empfängt ihre letzten Besucher;

mit den Händen winken sie sich den Weihrauch vors Gesicht, wo er gegen Falten helfen und für einen klaren Kopf sorgen soll. «Es heisst», sagt der Mann am Ticketverkauf des Kabuki-Theaters, «dass die kleine Statue im Tempel in Wirklichkeit schon seit Jahrhunderten verschwunden ist.» Keiner weiss das so genau in Asakusa. Und vielleicht will es auch keiner so genau wissen. Solange morgen ein neuer Tag ist.
Mit bunten Ständen voller duftender Kaminariokoshi, Aufträgen für neue handbemalte Laternen, feingeschliffene Scheren, seidige Getas. Mit grellbunten Kabuki-Gesichtern auf den Bühnen und lärmender Achterbahn im Hanayashiki. Mit Spass, Lachen, Leben. Und einem mächtigen Sensoji, der im Licht der Tokyoter Sonne leuchtet.

Text + Bilder: © "DU - das Kulturmagazin", www.du-magazin.com

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